Nürnberg. Die klinische Weiterversorgung nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand hat entscheidenden Einfluss auf die Überlebens- und Genesungschancen von Patientinnen und Patienten. Das belegt der aktuelle Jahresbericht 2024 zu den Cardiac Arrest Centern des Deutschen Reanimationsregisters. Der Bericht analysiert über 6.800 Fälle aus 112 Kliniken in Deutschland, Österreich und der Schweiz und zeigt erneut: Wer nach erfolgreicher Reanimation schnell und gezielt weiterbehandelt wird, hat deutlich bessere Chancen auf ein gutes neurologisches Ergebnis.
Insgesamt konnten etwa 30 % der nach außerklinischer Reanimation und 36 % der nach innerklinischer Reanimation aufgenommenen Patientinnen und Patienten lebend entlassen werden. Jeweils 86% erreichten dabei ein gutes neurologisches Ergebnis. Auffällig bleibt: Patientinnen und Patienten, die innerklinisch reanimiert wurden, sind im Schnitt älter – das Durchschnittsalter liegt bei 71 Jahren (außerklinisch 66 Jahre), und der Anteil der über 80-Jährigen ist rund 10 Prozentpunkte höher.
Trotz höheren Alters und eines größeren Anteils an über 80-Jährigen besitzen innerklinisch reanimierte Patientinnen und Patienten eine deutlich bessere Überlebensprognose. Diese höhere Entlassungsrate ist möglicherweise auf die kürzere Eintreffzeit professioneller Helfender und den schnelleren Beginn der Reanimationsmaßnahmen zurückzuführen. So zeigen die Daten des Deutschen Reanimationsregisters, dass der Rettungsdienst den Einsatzort im Durchschnitt nach 6,8 Minuten erreicht, während das innerklinische Notfallteam bereits nach rund vier Minuten eintrifft und in 89 Prozent der Fälle schon vor diesem Zeitpunkt mit den Reanimationsmaßnahmen begonnen wurde.
„Diese Ergebnisse zeigen eindrücklich, wie entscheidend Zeit und Struktur bei der Versorgung nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand sind“, sagt Prof. Dr. Jan-Thorsten Gräsner, Sprecher des Organisationskomitees des Deutschen Reanimationsregisters. „Cardiac Arrest Center gewährleisten durch klar definierte Abläufe und interdisziplinäre Expertise eine bestmögliche Versorgung – und damit bessere Überlebenschancen.“
Ein wichtiger Faktor für das Outcome bleibt die Art der Aufnahme in die Klinik: Nach außerklinischen Reanimationen erfolgt bei fast einem Drittel der Fälle (32,7 %) der Transport unter laufender Reanimation, während dies nach innerklinischen Reanimationen nur in jedem fünften Fall (20 %) notwendig ist. Bei der Mehrheit der aufgenommenen Patientinnen und Patienten konnte der Spontankreislauf (ROSC) bereits vor oder bei Aufnahme wiederhergestellt werden (außerklinisch 67,2 %, innerklinisch 80 %).
Zur Weiterversorgung gehören neben intensivmedizinischen Standardverfahren auch spezialisierte Therapien. Die Koronarangiographie – eine spezielle Herzkatheteruntersuchung, bei der die Herzkranzgefäße sichtbar gemacht werden, um Engstellen zu erkennen und bei Bedarf sofort zu behandeln – wurde 2024 bei rund 40 % der außerklinisch und 25 % der innerklinisch reanimierten Patientinnen und Patienten durchgeführt. Ein Temperaturmanagement kam in 35 % (außerklinisch) bzw. 23 % (innerklinisch) der Fälle zum Einsatz, meist mit Zieltemperaturen zwischen 34 und 36 °C. Neue Verfahren wie ECLS (extrakorporale Kreislaufunterstützung) werden zunehmend angewandt, wenn konventionelle Maßnahmen nicht ausreichen. Ergänzend liefern neuroprognostische Tests – vor allem die Bestimmung der neuronenspezifischen Enolase (NSE) und das kraniale CT – wichtige Hinweise auf die neurologische Prognose.
Zukünftig muss auch für innerklinische Reanimation die Option der Patientenverlegung in ein externes Cardiac-Arrest-Center mit in die Planungen aufgenommen werden, wenn das Krankenhaus, in dem sich der Kreislaufstillstand ereignet hat, nicht in der Lage ist, die notwendige Weiterbehandlung sicherzustellen.
Der Bericht verdeutlicht einmal mehr, dass das Deutsche Reanimationsregister, getragen von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI), ein zentrales Instrument zur Qualitätssicherung in der Notfallmedizin ist. Es ermöglicht die durchgehende Analyse der gesamten Rettungskette – von der Erstversorgung bis zur stationären Nachbehandlung – und bietet Kliniken wertvolle Daten zur Optimierung ihrer Abläufe. „Das Deutsche Reanimationsregister liefert die Basis, um aus Erfahrung zu lernen und die Versorgung von Reanimationspatientinnen und -patienten stetig zu verbessern“, betont Prof. Gräsner.