Nürnberg. Rund 55.000 Patientinnen und Patienten sind 2023 in Deutschland nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand durch den Rettungsdienst reanimiert worden. Bei rund 51 Prozent davon haben zuvor Ersthelfende mit der Wiederbelebung begonnen. Das sind einige der aktuellen Zahlen, die das Deutsche Reanimationsregister in seinem Jahresbericht zur außerklinischen Reanimation im Notarzt- und Rettungsdienst veröffentlicht hat.

Während die Quote der Reanimation durch Ersthelfende im Vergleich zum Vorjahr mit etwa 51 Prozent unverändert geblieben ist, hat sich die Reanimationsquote durch First-Responder, die unter anderem durch den Einsatz von sogenannten SbEA (Smartphone-basierte Ersthelfenden-Alarmierung) Apps alarmiert werden, leicht von 6,1 Prozent auf sieben Prozent erhöht. 

Mehr telefonische Anleitung zur Reanimation durch die Leitstellen

Eine weitere Steigerung gab es bei der telefonischen Anleitung zur Reanimation durch die Leitstellen: die Quote erhöhte sich im Vergleich zu 2022 von 30,9 Prozent auf 33 Prozent. „Auch wenn hier noch deutlich Luft nach oben ist, zeigt dies eine sehr erfreuliche Entwicklung“, erklärt Prof. Dr. Matthias Fischer, Mitglied des Organisationskomitees des Deutschen Reanimationsregisters. „Diese Anleitungen erhöhen die Erfolgsrate der Ersthelfenden-Reanimation signifikant und tragen wesentlich dazu bei, die Überlebenschancen der Betroffenen zu verbessern.“

Eine geringere Verbesserung konnte bezüglich der Hilfsfrist festgestellt werden: Nach Alarmierung wurden über 74 Prozent der Patientinnen und Patienten innerhalb von acht Minuten vom ersten Rettungsfahrzeug erreicht. Im Jahr 2022 war dies in 72,6 Prozent der Fälle möglich. „Damit sind wir vom Ziel, 80 Prozent aller Patientinnen und Patienten nach Notrufeingang innerhalb von acht Minuten zu erreichen, leider noch etwas entfernt.“, so Prof. Fischer. 

Weitere wichtige Daten und Zahlen im Überblick 

  • Geschlechterverteilung: Zwei Drittel der Reanimationsfälle betrafen Männer, ein Drittel Frauen.
  • Durchschnittsalter: 70,1 Jahre; 45 % der Betroffenen im erwerbsfähigen Alter unter 70 Jahren.
  • Vorerkrankungen: 30 Prozent der Patientinnen und Patienten hatten keine oder nur leichte Vorerkrankungen.
  • Ursache: In 55,7 Prozent der Fälle waren kardiale Ereignisse die Ursache, in rund 15 Prozent respiratorische Ereignisse (Störung oder Ausfall der Atmung, z.B. Verschlucken, Ertrinken). 
  • Umfeld: 70 Prozent der Reanimationen wurden im häuslichen Umfeld durchgeführt; 15,4 Prozent im öffentlichen Raum.
  • Überlebensrate: 32,5 % der Patientinnen und Patienten konnten mit ROSC (Rückkehr des spontanen Kreislaufs) in ein Krankenhaus aufgenommen werden. Die 30-Tage-Überlebensrate bzw. Entlassungsrate liegt bei 10,4 %. Über 80 % der entlassenen PatientInnen und Patienten wiesen eine gute neurologische Erholung auf. 

Die Daten für den Bericht stammen von 146 Notarzt- und Rettungsdiensten aus Deutschland, die eine Gesamtbevölkerung von ca. 39 Millionen Menschen versorgen. Davon weisen 46 teilnehmende Notarzt- und Rettungsdienste, die sogenannten Referenzstandorte, eine besonders hohe Datenqualität auf. Diese insgesamt sehr große Stichprobe erlaubt repräsentative Aussagen.

Erstmalig wird im Bericht statt dem Begriff „Laienreanimation“ der Begriff „Ersthelfenden-Reanimation“ verwendet. „Damit wollen wir die aktive Rolle und das Engagement derjenigen betonen, die in Notsituationen helfen“, erklärt Prof. Dr. Fischer. „Wer hilft, kann zum Lebensretter werden, egal ob mit oder ohne Vorkenntnisse.“  

Mehr Schulungs- und Aufklärungsmaßnahmen nötig

Herz-Kreislauf-Stillstände stellen eine der zeitlich drängendsten und komplexesten Herausforderungen in der Notfallmedizin dar. Daher sollten die aktuellen Ergebnisse einen Anstoß geben, das Qualitätsmanagement im Rettungsdienst weiter zu optimieren, betont Fischer.
Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) ruft als Trägerin des Deutschen Reanimationsregisters alle Akteurinnen und Akteure dazu auf, die Schulungs- und Aufklärungsmaßnahmen zu intensivieren. „Die Ziele sind klar: Wir müssen bei der Reanimationsquote durch Ersthelfende deutlich besser werden und es endlich schaffen, an die Quoten anderer europäischer Länder anzuknüpfen, die weit über 70 Prozent liegen“, fordert Prof. Dr. Jan-Thorsten Gräsner, Sprecher des Organisationskomitees des Reanimationsregisters und Sprecher der Sektion Notfallmedizin in der DGAI. Besonders viel Potenzial liege dabei im weiteren Ausbau der telefonisch angeleiteten Reanimation durch die Leitstellen. „Unsere Erfahrung zeigt, dass selbst Menschen ohne medizinische Vorkenntnisse in der Lage sind, durch telefonische Anleitung effektive Wiederbelebungsmaßnahmen einzuleiten, die Profis in den Leitstellen müssen nur daran denken“, erklärt er. 

Eine weitere relevante Stellschraube sei die regelmäßige Schulung in Wiederbelebungsmaßnahmen, die allen Bevölkerungsgruppen zugänglich gemacht werden müsse. Die DGAI setzt sich seit Jahren dafür ein, die Reanimationsausbildung zum festen Bestandteil der Schulcurricula zu machen. „In einigen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg wird das bereits umgesetzt, andere Bundesländer sollten diesem Vorbild dringend folgen“, so Gräsner.

 

Detaillierte Zahlen finden Sie im öffentlichen außerklinischen Jahresbericht des Deutschen Reanimationsregister unter diesem Link: https://www.reanimationsregister.de/downloads/oeffentliche-jahresberichte/oeffentliche-jahresberichte-ausserklinische-reanimation/305-ausserklinischer-jahresbericht-2023/file.html sowie im Artikel, der in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Anästhesiologie und Intensivmedizin" unter folgendem Link veröffentlicht wurde: https://www.ai-online.info/archiv/2024/06-2024/jahresbericht-des-deutschen-reanimationsregisters-ausserklinische-reanimation-im-notarzt-und-rettungsdienst-2023.html?backto=107