Nürnberg. Nach dem Regierungswechsel und der Ankündigung der neuen Bundesregierung, die Reform der Notfallversorgung zügig voranzutreiben, erneuern die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V. (DGAI) und der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten e. V. (BDA) ihre Forderung nach gezielten Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen in der Notfallmedizin. In diesem Zusammenhang verweisen die beiden Verbände nochmals auf ihr im Sommer 2024 veröffentlichtes Positionspapier zur Zukunft der Notfallmedizin.

„Ziel muss es sein, die Notfallversorgung in Deutschland durch eine intelligente Verzahnung bestehender Kompetenzen zu stärken, statt sie durch neue fachliche Abgrenzungen weiter zu fragmentieren“, erklärt DGAI-Präsident Prof. Dr. Gernot Marx. Eine effektive Notfallversorgung lebe von der Zusammenarbeit – nicht von neuen Versorgungsschubladen.

Im Zentrum des Positionspapiers steht die Forderung nach der deutschlandweiten Einführung der Zusatzweiterbildung „Notfallmedizin“ sowie der gezielten Ergänzung der Facharztweiterbildungen in den zentralen Bereichen der Notfallmedizin: prähospitale Versorgung, Zentrale Notaufnahmen, Medical Emergency Teams (METs) und Krankenhausalarm- und -einsatzplanung (KAEP).“

Konkret fordern die Verbände:

  • die flächendeckende Einführung der Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“ bei gleichzeitiger Abschaffung der überholten Fachkunde „Rettungsdienst“,
  • die verpflichtende Teilnahme an NASIM25-Kursen,
  • finanzierte Fortbildungen vor und nach Erwerb der Zusatzweiterbildung,
  • den gezielten Ausbau telenotfallmedizinischer Strukturen.

Auch für die klinische Notfallmedizin fordern DGAI und BDA eine bessere Integration: Rotationen in Zentrale Notaufnahmen sollen fester Bestandteil der Weiterbildung Anästhesiologie werden. So könne – im Zusammenspiel mit der Zusatzweiterbildung „Klinische Akut- und Notfallmedizin“ – ein realistisches Kompetenzprofil entstehen, das sowohl patientenzentriert als auch teamorientiert ist.

In der Versorgung durch Medical Emergency Teams (METs) sehen die Verbände weiteren Handlungsbedarf: Einheitliche Mindestqualifikationen und regelmäßige Reanimationstrainings sollen hier die Qualität sichern. Damit leitende Positionen in der Krankenhausalarm- und Einsatzplanung (KAEP) sowie im Katastrophenschutz effektiv besetzt werden können, fordern DGAI und BDA zudem, dass spezifische Qualifikationen wie die Zusatzbezeichnung Notfallmedizin, die Qualifikation als Leitender Notarzt sowie Erfahrung in leitenden Funktionen verbindlich sind. Nur so können Großschadenslagen optimal bewältigt werden.

„Wir brauchen verlässliche Standards, klare Zuständigkeiten und ein realistisches Bild der Versorgungsrealität“, heißt es im Autorenkreis des Positionspapiers. Die Einführung eines eigenständigen Facharztes für Notfallmedizin halten die beiden Verbände vor diesem Hintergrund hingegen nicht für zielführend.

Um ihren Positionen Nachdruck zu verleihen, starten DGAI und BDA begleitend eine Informationskampagne auf ihren Social-Media-Kanälen. Ziel ist es, Bewusstsein für die tatsächlichen Herausforderungen in der Notfallversorgung zu schaffen – jenseits von Debatten um neue Fachgrenzen.

„Gute Notfallmedizin ist kein Etikettenproblem, sondern eine Systemfrage“, so auch BDA-Präsidentin Prof. Dr. Grietje Beck. „Deshalb setzen wir auf qualifizierte Teams, abgestimmte Prozesse und eine Weiterbildungslandschaft, die sich an den realen Anforderungen orientiert.“