Nürnberg. Im Rahmen der Krankenhausreform 2023 soll die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Infektionserkrankungen im Krankenhaus durch die Einführung einer „Leistungsgruppe Infektiologie“ verbessert werden. Die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI) hat hierzu im Positionspapier „Infektiologie in der stationären Versorgung“ Vorschläge zur inhaltlichen Ausgestaltung der Leistungsgruppe unterbreitet. Dabei wird gefordert, den neuen Facharzt Innere Medizin und Infektiologie als zentralen Akteur in diesem Zusammenhang zu etablieren.

Die DGAI kritisiert dies: Diese einseitige berufspolitische Positionierung ignoriere die hohe fachliche Expertise von Fachärztinnen und Fachärzten anderer Disziplinen (z.B. Chirurgie, Neurologie, Anästhesiologie), die über die etablierte Zusatzweiterbildung ‚Infektiologie‘ verfügen, und gefährde damit das existierende und gut funktionierende interdisziplinäre Infektionsmanagement insbesondere bei den jährlich mehr als 10 Mio. Patienten und Patientinnen in der operativen Medizin. Vor diesem Hintergrund fordert die DGAI die zuständigen politischen Akteure auf, bei der Ausgestaltung der Leistungsgruppe Infektiologie nicht ausschließlich die Sichtweise der DGI zu berücksichtigen, sondern die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Leistungserbringung in der Leistungsgruppe Infektiologie auch durch entsprechend qualifizierte Ärztinnen und Ärzte anderer Fachgebiete möglich ist und angemessen vergütet wird.

Anfang Mai 2023 hatte die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI) ein Positionspapier zur „Infektiologie in der stationären Versorgung“ veröffentlicht. Ziel des DGI-Positionspapiers ist in erster Linie die berufspolitische Stärkung des vom Bundesärztetag im Jahr 2021 neu etablierten Facharztes für Innere Medizin und Infektiologie. Die DGI führt in ihrem Positionspier aus, dass: „die höchste fachliche Kompetenz bei Fachärzten für Innere Medizin und Infektiologie, gefolgt von Fachärzten mit Zusatzweiterbildung Infektiologie und von Fachärzten mit ABS-Fortbildung liege“. Ein Beweis für diese Hierarchisierung wird nicht erbracht.

Umgekehrt ist bemerkenswert, dass indirekt allen „nicht-internistischen Infektiologen“ die Kompetenz für ein qualifiziertes Infektionsmanagement abgesprochen wird. Aus Sicht der DGI scheint offenbar auch die seit langem etablierte Zusatzbezeichnung (ZB) Infektiologie langfristig keine ausreichende Qualifikation in Fragen der Infektionsbehandlung zu bieten. Diese wird bestenfalls als Übergangslösung dargestellt, wobei ausdrücklich nur Internisten mit ZB Infektiologie als geeignet betrachtet werden, die „vorhandene Lücke“ zu schließen.

Diese Sichtweise wurde in der Vergangenheit immer wieder von der DGI vertreten und wird von den mehr als 30.000 Anästhesistinnen und Anästhesisten, die sich für exzellentes Infektionsmanagement und rationalen Antibiotikaeinsatz, insbesondere in der operativen Medizin und auf einer Vielzahl von Intensivstationen in Deutschland engagieren, als völlig unbegründet empfunden und entschieden abgelehnt.

Zentrales Anliegen bei der Entwicklung der ZB Infektiologie im Jahr 2003 war es, diese Weiterbildung für alle klinischen Disziplinen, aber auch für Fachärztinnen und Fachärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sowie Hygiene und Umweltmedizin als „kompetenzbasierte Weiterbildung“ zu etablieren. Diese breite interdisziplinäre Aufstellung der Infektiologie soll nun nach den Vorstellungen der DGI dadurch relativiert werden, dass die Infektiologie innerhalb der Inneren Medizin eine fachliche Führungsrolle beansprucht. Es scheint der Sache jedoch nicht dienlich, verschiedene „Klassen“ von Infektiologinnen und Infektiologen zu unterscheiden. Auch wird vor dem Hintergrund kaum etablierter Weiterbildungsstrukturen ein Nadelöhr geschaffen, welches offenkundig berufspolitischen Partikularinteressen bedient.

Gerade in der operativen (Intensiv-)Medizin mit ihren jährlich mehr als 10 Mio. Patientinnen und Patienten sind neben der rein infektiologischen Expertise häufig fundierte fachärztliche Kenntnisse für die Behandlung von Patientinnen und Patienten des jeweiligen Fachgebietes essentiell. Diese würden jedoch bei internistisch geprägter Infektiologie zum Nachteil der Patientinnen und Patienten verloren gehen. Aber auch aus praktisch-organisatorischen Gründen wie der erwartbar geringen Verfügbarkeit von Fachärztinnen und Fachärzten für Innere Medizin und Infektiologie sowie einer erforderlichen Verfügbarkeit gerade auch in der Intensivmedizin von 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr ist das von der DGI veröffentlichte Positionspapier abzulehnen.

Für eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung ist es vielmehr unabdingbar, dass Leistungen in der LG Infektiologie zukünftig nicht nur durch Fachärztinnen und Fachärzte für Innere Medizin und Infektiologie, sondern in gleicher Weise auch durch Fachärztinnen und Fachärzte anderer Gebiete mit der Zusatzweiterbildung Infektiologie erbracht werden können. Die Qualitätskriterien (NRW-Vorlage 5.1) sind daher entsprechend anzupassen.